Der Exakta Rotor
Seit etlichen Jahren befasse ich mich mit den Exa-, Exakta-Kameras
der Ihagee. Auch nach all den Jahren kommt es immer mal wieder
vor, dass bis dahin unbekannte Sammlerstücke auftauchen.
Früher auf den mittlerweile immer seltener werdenden Fotobörsen
und heutzutage mehr und mehr bei Ebay.
Wie dieser Exakta Rotor, wie ich diesen Ebay-Fund in Anlehnung
an den bekannten Rectaflex Rotor einfach mal nennen will.
Die Idee eines Objektivrotors war damals zur Zeit der Erfindung
des Exakta Rotors grundsätzlich nicht neu. Objektivrevolver,
bzw. Rotoren wurden bei Filmkameras genutzt. 1949 wurden von
Haber & Fink, New York, Leica Kameras mit einem Rotor versehen
und der erste Rectaflex Rotor datiert auf 1952. Ob eine oder
mehrere dieser Konstruktionen dem Erfinder des Exakta Rotors bekannt
waren, oder ob es sich um eine völlig eigenständige
Entwicklung handelt, kann heute wohl nicht mehr nachvollzogen
werden.
Der amerikanische Erfinder Glenn L. Goodfellow aus China Lake
in Kalifornien, hat am 22. November 1954 einen Patentantrag gestellt.
Das Patent "LENS CARRIER FOR PHOTOGRAPHIC CAMERAS" 2720145
wurde am 11. Oktober 1955 erteilt.
Die Idee war, dem versierten Fotografen mit dieser Vorrichtung
einen schnellen und sicheren Objektivwechsel zu ermöglichen.
Eine höhere Trefferquote bei der Fotoausbeute und ein sicherer
Objektivwechsel ohne die Gefahr von Verlust oder Beschädigung
der zu wechselnden Objektive sollten aus der Benutzung dieser
Vorrichtung resultieren.
Die hier vorgestellte Ausrüstung stammt mit großer
Wahrscheinlichkeit aus dem Besitz des Erfinders. Eine Ihagee Exakta
VX mit drei Objektiven: Schneider-Kreuznach Xenon 1:1,9/50, P.Angénieux
Paris F.2,8 1:3,5 Retrofocus Type R11, Steinheil München
Culminar 1:4,5 f=135mm. Des Weiteren gehören zur Ausrüstung
der an der Kamera installierte Objektiv-Rotor mit Griff und ein
weiterer Rotor als Halbfabrikat in einer etwas abweichenden Ausführung.
Dieser zweite, noch unvollständige, Rotor trägt eine
Patentnummer und eine Internetrecherche erbrachte die Patentinformationen
zu der Erfindung.
Leider konnte der Ebay-Händler keine weiteren Informationen
zur Herkunft der Sachen beisteuern.
Nach einer gründlichen Aufarbeitung des Objektivsatzes durch
den Foto-Service Olbrich in Görlitz und der Exakta durch
den Foto-Service Tröster in Halle wurde aus dem doch recht
heruntergekommenen Ebay-Artikel wieder ein ansehnliches Sammlerstück.
Der Rotor wird am Stativgewinde der Kamera befestigt. Das Bajonett
des Objektivanschraubrings der Exakta ist auf der Drehbank ausgedreht
worden, um die Aufnahme der Objektive zu ermöglichen. Die
Handhabung der ganzen Vorrichtung ist denkbar einfach: Die rechte
Hand hält die Kamera am Rotorgriff. Fokussiert und ausgelöst
wird mit der linken Hand. Zum Objektivwechsel wird mit dem rechten
Daumen durch Druck auf den Knopf an der Rückseite der gefedert
gelagerte Rotor nach vorne verschoben, dadurch gleitet das aktuell
genutzte Objektiv nach vorn aus der Kameraöffnung heraus
und der Rotor läßt sich zum Objektivwechsel drehen.
Das gewählte Objektiv gleitet in die Aufnahmeposition, sobald
der rückwärtige Knopf nicht mehr gedrückt wird.
Die ganze Geschichte ist ist mit gut 2 kg recht schwer und auch
ein wenig unhandlich. Aber wenn eine aktuelle Vollformat DSLR
mit lichtstarkem Zoom mal auf die Waage gelegt wird, stellt man
schnell fest, dass der Gewichtsunterschied minimal ist.
Der Erfindung des Herrn Goodfellow ist wohl kein Erfolg beschieden
gewesen. Ob es daran lag, dass er keinen Hersteller für seine
Erfindung begeistern konnte oder weil er vielleicht selbst bei
der Herstellung einer Kleinserie scheiterte? Meines Wissens ist
dieser Exakta Rotor in der Sammlerszene bisher unbekannt. Falls
es aber doch ergänzende Informationen zu dem Exakta Rotor
gibt, freue ich mich über eine Benachrichtigung.
Klaus Rademaker